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Persönlich
Weiter unten finden Sie Blog-Beiträge des Triowerk-Gründers Christian Olbrich. Die Themen gehen wesentlich über das Spektrum von Triowerk hinaus, um die verschiedenen Perspektiven glaubhaft einnehmen zu können. Wenn Sie mögen, schreiben Sie ihm, was Ihre Perspektive zum jeweiligen Thema ausmacht: co@triowerk.de

Die Lösung für Konflikte im Büro

Konflikte zwischen Mitarbeitern und Kollegen kosten Nerven – müssen sie aber nicht. Richtiger Umgang mit ihnen kann sogar die Organisationskultur stärken.

Kurzgefasst
Ständig geraten wir in der Arbeitswelt in potenziell konfliktäre Situationen. Laut und offensiv oder versteckt, hintertreibend ausgetragen, ein Konflikt beeinträchtigt rasch die Zusammenarbeit im Team. Ob ein Konflikt tatsächlich eskaliert, hängt im Wesentlichen vom Agieren der involvierten Personen und der Organisationskultur ab. Möchten wir routinierter mit Konflikten umgehen, können wir den Umgang damit üben – individuell, im Team und in der ganzen Organisation:
Klarheit im Innen: Was habe ich wirklich gehört oder gesehen? Was habe ich gespürt und was hat es in mir ausgelöst? Welche Rolle nehme ich ein?
Klarheit im Außen: Vor welchem Hintergrund verläuft der Konflikt? Was nehme ich, empathisch betrachtet, bei den involvierten Personen wahr? Was erwarten andere von mir? Wie reell ist die Bedrohung, wie zeitkritisch die Klärung?
Die Klarheit in der Betrachtung des Moments ist unsere Stärke, wenn wir in Konfliktsituationen geraten. In diesem Bewusstsein können wir kraftvoll unsere Ziele verfolgen; keine egoistischen Ziele, sondern Ziele, die im Einklang mit unserer Mitwelt stehen. Unsere Klarheit hilft uns, Konflikte zu lösen, ohne dass ein Schatten auf der Beziehung zwischen den beteiligten Personen zurückbleibt. So profitieren Individuen, Team und Organisation.
Tipp: Ist Klärung Ihr Anliegen, nicht die Durchsetzung Ihrer Position, finden Sie am Ende dieses Beitrags acht Impulse, mit denen Sie üben können.

Das Un-Wesen eines Konflikts
„Schau mal, ein Schmetterling…“. Die Sonne ziert einen strahlend blauen Himmel. Mit einem Cappuccino haben wir es uns an diesem herrlichen Tag im März nach dem Mittagessen auf der Dachterrasse des Bürogebäudes gemütlich gemacht. Die Wasserskulptur plätschert leise. Durch die weit geöffnete Schiebetür dringen gedämpft die Stimmen der Kollegen. Plötzlich wird es drinnen lauter, die Wortwahl gereizter, jemand schiebt die Tür zu; ein Konflikt im Büro, nichts Außergewöhnliches.
Nicht immer werden Konflikte offen ausgetragen, aber meist schließen sich Türen zwischen den Konfliktparteien. Die Kooperation im Team wird auf dieser Grundlage sehr mühsam, denn ein fortgeschrittener Konflikt beeinträchtigt auch Inhalte, die mit dem eigentlichen Konfliktthema nichts zu tun haben. Haben sich erst Koalitionen gebildet ist Zusammenarbeit kaum mehr möglich. Der Konflikt entwickelt sich von einer persönlichen Differenz zu einer Beeinträchtigung des Betriebs. Als Unternehmen können Sie jetzt nur noch hoffen, dass nichts zu Kunden dringt. Übertrieben?

Ein Konflikt beginnt meist harmlos
Es ist die Geringfügigkeit der Disharmonie, die eine frühe Aussprache verhindert. Denn beim ersten Mal sind wir gerne nachsichtig mit dem Kollegen; gnädig, milde, dem friedvollen Miteinander zuliebe. Zu oft sollte uns dies jedoch nicht abverlangt werden. Gedanklich führen wir bereits Tagebuch und warten schon auf den nächsten Fehltritt. Konfrontieren wir die Person dann mit den von uns gesammelten Unzulänglichkeiten, ist der Konflikt bereits auf Stufe zwei. Entscheiden wir uns gar nicht erst für ein Gespräch, sondern starten gleich Gegenmaßnahmen, hat der Konflikt bereits Stufe drei erreicht (neun Eskalationsstufen eines Konflikts nach Friedrich Glasl). Vermutlich fällt jetzt jedem eine vergleichbare Situation der Gegenwart oder Vergangenheit ein.

Höchste Zeit, den Konflikt zu lösen
Die nächsten Eskalationsstufen, das Schmieden von Koalitionen, das Beabsichtigen eines Gesichtsverlusts der Gegenseite und Drohungen, machen eine Lösung ohne professionelle Hilfe fast schon unmöglich. Es ist also höchste Zeit. Wie gelingt die Lösung?
Wir könnten gedanklich einen Schritt zurückzutreten und versuchen, den Konflikt sachlich zu betrachten. Können wir das in einem Augenblick der emotionalen Erregung wirklich? Die Antwort lautet ja! „Es gibt zwar bestimmte limbische Systemprogramme, die automatisch ausgelöst werden können, aber es dauert weniger als neunzig Sekunden, dass diese Programme ausgelöst werden, durch den Körper rauschen und dann mit dem Blutstrom komplett wieder herausgespült werden.“ (Dr. Jill B. Taylor, Hirnforscherin, 2006)
Hat unser Organismus die ausgeschütteten Neurotransmitter, die Wut und Ohnmachtsgefühle auslösen können, nach dieser kurzen Zeit wieder abgebaut, sind wir in der Lage, die Situation verantwortlich zu beurteilen. Und das lässt sich trainieren.

Konflikte sind wahrgenommene Differenzen
Sachlich betrachtet, ist ein Konflikt die Folge wahrgenommener Differenzen. Unsere Wahrnehmung erkennt in einer Situation eine Abweichung zum erwarteten Soll-Korridor. Unser Soll-Korridor ist charakterisiert durch unsere Bedürfnisse, einem Sammelsurium aus grundsätzlichen Werten (z. B. Schutz Schwächerer oder Leistungsprinzip), latenten Persönlichkeitsmerkmalen (z. B. Ängstlichkeit oder Narzissmus) und situativen Wahrnehmungen (z. B. hohes Geräuschniveau oder Durst). Vor diesem Hintergrund spielt die eigentliche Handlung, die letztendlich als Konflikt wahrgenommen wird: das Verhalten einer Person, das in unserer Bewertung der Situation insgesamt ein Ergebnis ergibt, das außerhalb unseres Soll-Korridors liegt.

Zeitig Fragen vermeidet Konflikte
Nehmen Sie eine Abweichung zu Ihrem Soll-Korridor wahr, sein Sie sich bewusst, dass dies Ihre ganz individuelle Sicht auf die Dinge ist. Wahrnehmung basiert auf Sinnesreizungen, die jede Person ganz exklusiv für sich allein hat. Die der anderen sind für uns nie völlig transparent. Wie also können Sie mehr Sicherheit über die Situation erlangen?
Szenario 1: In einem Technologie-Unternehmen sehen wir, dass eine junge Entwicklerin ein Software-Tool nutzt, das von der Entwicklungsleitung nicht offiziell freigegeben ist.
Szenario 2: In der Leitwarte eines Kraftwerks beobachten wir, dass ein Kollege Überwachungsroutinen nicht in der festgelegten Abfolge durchführt.
In beiden Situationen ist die Klärung unmittelbar nach der Feststellung der Abweichung sinnvoll. In Szenario 1 würden Sie vielleicht beim ersten Beobachten denken „Sie hat (mal wieder) nicht zugehört“ oder „Sie macht (mal wieder) was sie will“. Ein Konflikt bahnt sich an. In Szenario 2 würden Sie dagegen vermutlich sofort handeln, um die Sicherheit der Anlage nicht zu riskieren.

Verantwortung übernehmen
Was unterscheidet die beiden Szenarien? Warum zögern wir in Szenario 1, die Dissonanz aufzuklären? Wir sind für die Regulierung der Soll-Abweichung nominell nicht verantwortlich, weder für die Feststellung, noch für die Ahndung. Das Ausmaß der Störung ist nicht zu ermessen, die Bedrohung unkonkret. Anders in sogenannten Highly Responsibility Organisations (HROs), zu denen Feuerwehren, die Flugsicherung und Atomkraftwerke gehören: Hier ist jeder verantwortlich, die Abläufe sind klar, der Ermessensspielraum ist gering. Die Bedrohung ist konkret, weshalb HROs das frühe Erkennen von Abweichungen trainieren. Diese Aufmerksamkeit, auch organisationale Achtsamkeit genannt (vergl. Weick/Sutcliffe, 2007: „Das Unerwartete managen“), ist im Alltag üblicherweise nicht vorhanden, eine vergleichbare Klarheit der Situation aber wünschenswert. Wir können jedoch üben, mit Achtsamkeit für die Situation in jede Begegnung zu gehen.

„Misch dich nicht ein!“
Sich einmischen – wann ist es unangebracht, wann verantwortungsvoll zu intervenieren? Was könnte geschehen, wenn wir nachfragten? Wir würden Informationen erhalten, die uns fehlen, um Klarheit zu erlangen, die Situation besser einschätzen zu können. In Szenario 1 könnten wir mitgeteilt bekommen, dass am Tag zuvor, als wir frei hatten, entschieden wurde, das neue Produkt zu testen. In Szenario 2 würden wir vielleicht erfahren, dass der Mitarbeiter starke Migräne hat und froh ist, dass ihn jemand auf seinen Fehler hinweist. In beiden Szenarien lässt sich die Situation durch Kommunikation klären. Dennoch unterbleibt häufig ein Nachfragen. Introvertierte ticken anders, als Extrovertierte. Den richtigen Ton zu treffen und die Situation zu deeskalieren, scheint uns eine hohe Hürde zu sein, höher, als den Ärger herunterzuschlucken und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Gerade die Angst vor Zurückweisung oder Konfrontation lässt uns zögern.

Routiniert mit entstehenden Konflikten umgehen
Nehmen Sie eine Dissonanz wahr, ist die erste Lektion, nicht unkontrolliert zu reagieren. Impulsdistanz, „nicht einzusteigen“, unterbricht die Eskalationsspirale bereits in der ersten Stufe. Damit gewinnen Sie Zeit, zumindest die neunzig Sekunden, um sicher wieder rational denken zu können. Ist die wahrgenommene Differenz dann noch unverändert, können Sie Lektion zwei üben: Was ist wirklich passiert? Was haben Sie getan oder gesagt, was hat die andere Konfliktpartei getan oder gesagt? Was hat das bei Ihnen verursacht, welche Gefühle hat es ausgelöst? Welches Bedürfnis ist für Sie damit verknüpft? Um diese Schritte intuitiv durchlaufen zu können, müssen wir sie immer wieder bewusst anstoßen. Kein Problem, die Zeit dazu gewinnen wir durch die Impulsdistanz aus Lektion eins. Als Hindernis entpuppt sich hierbei das Talent der Schlagfertigkeit, das sich viele Menschen wünschen, den Konflikt in der Eskalationsspirale jedoch unmittelbar nach oben katapultiert.
Das Schema „Beobachtungen vergegenwärtigen - Gefühle wahrnehmen - sich des eigenen Bedürfnisses bewusst werden“ ist Teil der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. „Gewaltfreie Kommunikation (GFK) sorgt für ein herzliches, unbeschwertes Miteinander", beispielsweise bei der Firma Soulbottles in Berlin.

Sprache verantwortungsvoll einsetzen
Haben Sie die erlebte Konfliktsituation reflektiert, ist sie nun für Sie transparenter. Sie konnten Ihre eigene Verletzung spüren und vielleicht das Bedürfnis nach Unversehrtheit empfinden. Haben Sie mit Empathie auf die andere Konfliktpartei geblickt, konnten Sie möglicherweise Zeitdruck und Gestresstheit bemerken, die Sie milder und mit Mitgefühl auf die Situation blicken lassen. Transportieren Sie diese Gemütslage in Ihre verbale Kommunikation, können Sie die Situation auflösen. "Es hat mich nachdenklich gemacht, als ich das von dir gehört habe. Erinnerst du dich? Was hast du damit gemeint?" Die Ich-Perspektive zeigt an, dass Sie von Ihrer Wahrnehmung sprechen, nicht von einer verallgemeinernden Wahrheit. Nun ist die andere Konfliktpartei eingeladen, ebenfalls über die erlebte Situation nachzudenken. Geben Sie diesem Moment dieselbe Zeit, den Sie selbst für die Erkundung gebraucht haben. Sie können auch eine Bitte formulieren: „Es war mir unangenehm, dass du das in der Team-Runde zur Sprache gebracht hast. Bitte sprich mich nächstes Mal gerne unmittelbar an, wenn du dich gestört fühlst“. Hören Sie zu, still, ohne die Forcierung eines Fortschritts, wie es beim sogenannten Aktiven Zuhören leicht der Fall ist. Wichtig ist, dass der Austausch zum Konflikt erfolgt, solang sich beide Parteien gut erinnern können und dass es nur um diese eine Situation geht.

Klären und Lösen
Rechthaben und dennoch Verlierer sein? In Konfliktsituationen passiert das häufig. Eine gute Lösung wird von allen Konfliktparteien befürwortet, Verlierer gibt es nicht. Zeigen Sie, dass Sie an einer einvernehmlichen Lösung interessiert sind. Handeln Sie so, dass Sie sich gerne jederzeit für Ihr Handeln verantwortlich machen lassen. Zur Klärung beitragen können Informationen, die über das sofort Erkennbare hinaus weitere Aspekte beleuchten. In welchem Kontext wurde gehandelt, welche Rahmenbedingungen waren wirksam? Mediatoren sprechen statt von der Interessenklärung in einer Mediation auch von der Erhellung des Konflikts. Manches eigene Gedankenkonstrukt löst sich, sobald wir die Situation aus der Perspektive der Gegenseite beleuchten. Über ein ausgeräumtes Missverständnis können nicht selten beide Seiten herzlich lachen. Mittelfristig gelingt so eine positive Stimulierung der Organisationskultur.

Üben für eine unbelastete Zusammenarbeit
Sind Sie bereit für den Praxis-Einsatz? Bevor Sie starten, noch eine letzte Idee, mit der Sie sich viel Nerven sparen können: Blicken Sie einfach weniger auf die „Macken“ der Personen um Sie herum und feilen Sie an Ihrem Blick darauf. Nehmen Sie nicht alles so ernst und seien Sie nachsichtig mit Ihrer Mitwelt. Setzen Sie auf gegenseitige Unterstützung, dann begrenzen sich Konflikte von ganz allein. Kommt es dennoch zu einer Differenz, üben Sie mit den folgenden acht Impulsen:

  1.   Impulsdistanz – nicht einsteigen – auf Schlagfertigkeit verzichten
  2.   Beobachten – was genau habe ich, was die andere Seite getan oder gesagt, was hat das bei mir ausgelöst?
  3.   Nachfragen, um besser zu verstehen (Ich-Perspektive)
  4.   Es gilt die Unschuldsvermutung
  5.   Der Konfliktpartei Raum für die Reflexion einräumen
  6.   Selbst eine angenehme Sprache verwenden
  7.   Einen Wunsch oder eine Bitte an die andere Konfliktpartei richten
  8.   Achtsam zuhören, ohne zu forcieren

 

Der Autor, Christian Olbrich, freut sich über Kommentare und Reaktionen: co@triowerk.de

Als nächster Beitrag erscheint im April 2019: "Konflikte und Fehler nutzen" - Konflikte und Fehler sind Indikatoren für Abweichungen vom Soll. Differenziert betrachtet, können Sie daraus Veränderungs- und Optimierungspotenziale ableiten.

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